Chronik
Heimat- und Trachtenverein Almenrausch Neumarkt i.d.OPf. e.V.
Mit fortschreitender Industrialisierung und zunehmender Verstädterung drohte der Verlust ausdrucksstarken Volkstums. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, regten sich auch in Neumarkt Kräfte, die sich der Erhaltung der alten Trachten zum Ziele setzten. Am 22. Juni 1933 traf sich eine Schar von wackeren Heimatfreunden, um einen Trachtenverein aus der Taufe zu heben. Die 26 Gründungsmitglieder gaben ihm den Namen "Almenrausch". Der junge Verein stellte sein Vorhaben unter den Leitspruch "Treu dem guten alten Brauch". Damit war deutlich angesagt, dass die zukünftige Arbeit sich nicht in der Trachtenpflege erschöpfen, sondern vielmehr im Rahmen weiterer Aktivitäten erfolgen solle. Lieder und Tänze, Musik und Spiel würden nach dem Willen der Gründer im Verein eine echte Pflegstatt finden.
In kurzer Zeit wurde eine Satzung erarbeitet. Der Monatsbeitrag von 40 Pfennigen bedeutete für die meisten Mitglieder immerhin mehr als einen halben Stundenlohn. Schwieriger als erwartet verlief die Suche nach einem geeigneten Vereinslokal. Ob ,,Wittelsbach", ,,Bayerischer Hof", ,,Hotel Wunder", oder ,,Gesellenhaus", die genannten Lokale blieben immer nur kurzlebige Notlösungen. In der Entscheidung um die angehende Vereinstracht erhielt die ,Miesbacher Tracht' den Vorrang. Sie war typisch für das Kernstück Altbayerns als eines der letzten Rückzugsgebiete bayerischer Trachten.
Die ausgewählte Tracht war schön, praktisch und bequem. Aber sie war nicht billig und der Verein war arm. Es blieb kein anderer Ausweg, als die Bitte an die Mitglieder, die Tracht aus eigenen Mitteln anzuschaffen.
Zur Männertracht zählte auch die kurze schwarze Lederhose, grün oder gelblich bestickt, für die Schuhplattler die ideale Tanztracht. Bereits nach dem ersten Vereinsjahr konnte man mit sieben Plattlernummern auftreten. Sie brachten dem Trachtenverein viel Aufsehen und Anerkennung.
Trotz des verheißungsvollen Auftaktes waren der freien Entfaltung der Vereinsziele enge Grenzen gesetzt. Schuld daran war die politische Großwetterlage. Die braunen Machthaber wollten durch sogenannte ,,Gleichschaltung" in allen Vereinen die weltanschauliche Richtung bestimmen. Auch ,,Almenrausch" blieb dieses Schicksal nicht erspart. 1937 wurde der Trachtenverein von der Partei aufgelöst.
Zwei Jahre später riss Kanonendonner die Welt aus ihren friedlichen Plänen und Hoffnungen. Ein sechsjähriger Krieg, der sich bald zum Weltkrieg ausweitete, forderte einen hohen Blutzoll, auch von den Trachtlern. In den letzten Wochen dieses mörderischen Ringens sank auch noch die Altstadt von Neumarkt in Schutt und Asche.
Doch schon im Herbst 1945, als jedermann sich noch durch tausend Schwierigkeiten kämpfen musste, regten sich erste Kräfte, den Trachtenverein wieder ins Leben zu rufen. So wurde am 4. April 1946 offiziell der Gebirgstrachtenverein ,,Spielhahn" ins Leben gerufen.
Und dies waren die Namen der Gründer:
Hans Stepper, Georg Enslinger, Irritz Zellhöfer, Maria Heitner, Max Krauser, Kuni Pöllath, Hans Eberwein und Franz Stepper.
Zum ersten Vorstand wählten die Versammelten Herrn Georg Enslinger, der schon 1933 zu den Gründungsvätern gezählt hatte. Er war die Seele des Vereins.
In der nächsten Woche schon stand die neue Satzung. Die Pflege von Volkstänzen und Volksliedern, aber auch die Aufführung von Volksstücken stellte sich der neue Trachtenverein zu seinen wichtigsten Aufgaben.
Die Kriegsereignisse in Neumarkt hatten das mäßig bescheidene Eigentum des Vereins total vernichtet. Mit einem Monatsbeitrag von 60 Pfennigen allein ließen sich keine großen Vorhaben anpacken. So wurde das ,Theaterspielen' geradezu eine finanzielle Notwendigkeit. Trotz der allgemeinen Not damals stellte sich der Verein niemals taub gegenüber den Nöten der Gemeinde. So überreichte der Verein 1947 an Herrn Bürgermeister Betz eine hochherzige Spende von 1000 Reichsmark zugunsten der Neumarkter Schulen.
Im Sommer 1950 fand der Verein im Lammsbräusaal an der Weinberger Straße endlich eine Heimstatt. Am 14. April 1951 nahm der Verein wieder seinen alten Namen ,,Almenrausch" an.
Zum 20. Geburtstag des Vereins wurde 1953 eine prächtige Vereinsfahne in Coburg in Auftrag gegeben. Sie zeigt auf der einen Seite die heimatliche Burgruine Wolfstein, auf der Rückseite ein oberbayerisches Trachtenpaar. Die Fahnenweihe fand dann am 15. August mit einem farbenprächtigen Trachtenfestzug statt
Bei diesem Jubiläum zeigte der Verein erstmals einer größeren Öffentlichkeit unverfälschte Exemplare seiner Oberpfälzer Trachtenabteilung. Damit erfüllte er einen immer lauter geäußerten Wunsch, sich doch mehr der einheimischen Tracht zu widmen. Die Kritiker wussten freilich kaum, was erst die neuere wissenschaftliche Trachtenforschung ans Licht brachte: eine einheitliche ,Oberpfälzer Tracht' hat es schlechthin niemals gegeben. Es war deshalb eine dankenswerte kulturelle Tat der Vereinsführung, seltene Trachtenkleidung unserer engeren Heimat aufzukaufen und damit vor dem unwiederbringlichen Verlust zu retten.
Seit 1962 ging auch ,,Almenrausch" dazu über, neben der Gebirgstracht die ,erneuerte Oberpfälzer Tracht' einzuführen.
Dass wahre Traditionspflege nichts, aber auch schon gar nichts zu tun hat mit nationaler Engstirnigkeit, das zeigen immer wieder unmissverständlich die Begegnungen mit ausländischen Gruppen. Bei der Städtepartnerschaft Issoire-Neumarkt war ,,Almenrausch" von der ersten Stunde an mit von der Partie. Bereits am Gründungstag schlossen sie bei dieser Gelegenheit die ersten Kontakte mit den Gästen aus der Auvergne, bzw. mit ihrem Verein ,,Folklore Issoirien". Die internationale Zeichensprache half auch über Sprachbarrieren hinweg. Dieses erste Kennenlernen entwickelte sich in mehr als zwanzig Jahren zu einer guten Vereinsfreundschaft, die mit gelegentlichen gegenseitigen Besuchen aufrechterhalten wird.
Die Besuche zahlreicher Trachtenfeste aufzuzählen, würde eine lange Liste ergeben. Jeder Auftritt war verbunden mit geselligen Erlebnissen, mit Freude und Genugtuung. Trotzdem nahm die Vereinsführung stets darauf Bedacht, dass ihr ,,Almenrausch" nicht zu einem Seniorenclub wandle. Der Jugendarbeit wurde wichtiger Stellenwert zugemessen. Auch gegenwärtig verfügt der Verein über eine Jugendgruppe, mit der er bei Trachtenfesten gut ankommt. Dank gebührt dafür besonders den Gruppenleitern, die mit viel Idealismus mit den jungen Trachtlern Volkstänze üben.
So kann der Verein mit seinen 144 Mitgliedern voll Optimismus in die Zukunft blicken, denn ein Generationsproblem ist vorerst nicht in Sicht.
Ad multos annos! HANS MEIER, Archivpfleger